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Date September
Type Interview
Source u-magazine
Title Der Traum vom Fliegen
Country Germany
Journalist/Photographer Dagmar Leischow/ Ross Kirton
Pix   
Text Eigentlich wollte Alison Goldfrapp ja Disco-Diva werden. Doch dann avancierte die britische Sängerin zur Glampop-Ikone. Bei ihr dreht sich alles um Wahn und Wirklichkeit, um Sinnliches und Übersinnliches - Spätfolgen ihrer Zeit auf der Klosterschule?


u_magazine: Alison, sind Tiere eigentlich die besseren Menschen?
Alison Goldfrapp: So krass würde ich das nicht sagen. Aber sie sind uns in vielen Dingen ähnlich. Affen weinen auch, wenn sie einen traurigen Film sehen.
u_magazine: Schwörst du deshalb in deinen Songs auf Tiermetaphern?
Goldfrapp: Tiere symbolisieren für mich menschliche Emotionen. Pferde verkörpern beispielsweise Sexualität. Nicht umsonst vergöttern viele Mädchen im Teenie-Alter diese großen, starken Geschöpfe. Sie sind verrückt nach ihnen, weil sie in ihrer Pferdeliebe ihre erwachende Lust ausleben können.
u_magazine: Du machst also mit dem Lied "Ride a white Horse" einen Sprung in deine Kindheit?
Goldfrapp: Nee, da geht's um etwas anderes: Der Schimmel repräsentiert die totale Freiheit. Stell dir folgende Situation vor: Du bist in einem Club und tanzt mit einem Typen, der dich tödlich langweilt. Am liebsten würdest du sofort verschwinden. Du sehnst dich nach einem Pferd, mit dem du weggaloppieren kannst. Alle Leute weichen zurück, wenn du abhaust. Du bist schnell, sehr schnell - das ist so, als würdest du im Traum fliegen.
u_magazine: ... und in eine andere Welt eintauchen?
Goldfrapp: Genau. Das Thema Realitätsflucht beschäftigt uns immer wieder. Ab und zu muss man sich eine Auszeit vom Alltag nehmen.
u_magazine: Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Wie machst du das?
Goldfrapp: Ich betrinke mich. Oder höre Musik. Songs sind für mich befreiend, weil sie mir nicht vorgeben, was ich zu fühlen oder zu denken habe.
u_magazine: Sind Filme konkreter als Musik?
Goldfrapp: Nicht zwingend. Ein guter Regisseur lässt neben der Haupthandlung im Hintergrund viele andere spannende Dinge passieren. Jeder erinnert sich bei einem Film an etwas anderes: Dem einen bleibt die Farbe der Schuhe des Helden im Gedächtnis, dem anderen geht nicht aus dem Kopf, wie sich eine Frau eine Haarsträhne aus dem Gesicht streicht. Meistens bleiben bei uns ganz banale Dinge hängen. Sie sind nur kleine Bruchstücke aus der großen Geschichte.
u_magazine: Diese Theorie kommt mir bekannt vor.
Goldfrapp: Hast du etwa auch Victor Burgins Buch "The remembered Film" gelesen?
u_magazine: Ja.
Goldfrapp: Mich hat besonders das Kapitel beeindruckt, in dem Burgin beschreibt, wie man sich an eine Situation erinnert. Weil wir im Alltag permanent mit Bildern bombardiert werden, wissen wir oftmals nicht mehr: Habe ich das geträumt? Im Film gesehen? Oder wirklich erlebt?
u_magazine: Bei deinen Songs frage ich mich auch ständig: Wo ist die Grenze zwischen Fantasie und Wahrheit?
Goldfrapp: Ich wechsle zwischen den Welten. Selbst wenn ich über ein persönliches Erlebnis spreche, stelle ich es im Song in einen anderen Zusammenhang. Dieses Hin- und Herspringen ist so bizarr wie Träume: Du siehst dich in einem Schloss, aber in Wirklichkeit liegst du zu Hause im Bett.
u_magazine: Fasziniert dich das Übernatürliche mehr als das Natürliche?
Goldfrapp: Mich interessiert beides. Deshalb habe ich Lyall Watsons Buch "Supernature" gelesen, nach dem wir unsere CD benannt haben. Der Autor hat untersucht, wie das Natürliche mit dem Übernatürlichen verbunden ist. Wusstest du, dass Pflanzen in ihrem Wachstum zurückbleiben, wenn sie von einem Depressiven gegossen werden? Solche Phänomene erscheinen mir logisch, weil wir in einer Welt leben, in der Gegensätze aufeinander prallen: Ohne Tag keine Nacht, ohne Menschen keine Maschinen.
u_magazine: Und wie spiegelt sich diese Erkenntnis in eurer Musik wider?
Goldfrapp: Uns inspiriert das Urbane ebenso wie die Natur. Leise Töne, fette Basslinien - bei Goldfrapp ist alles möglich. Wir suchen immer wieder nach einem neuen Sound.
u_magazine: Hm, warum habt ihr dann erneut ein Glampop-Album aufgenommen?
Goldfrapp: Weil wir auf diesem Gebiet noch nicht alle Möglichkeiten erkundet hatten. Wir wollten dieses Mal in dekadenten Klängen schwelgen, wie Roxy Music oder David Bowie.
u_magazine: Eure Single "Oh la la" erinnert mich eher an Marc Bolan.

"Ich verkaufe Sex-Appeal mit Humor"

Goldfrapp: Der war ein Wahnsinnstyp. Viele behaupten ja, er habe alberne Texte geschrieben, ich finde sie brillant. Wenn ich seine Songs höre, denke ich an meine Schwester. Sie war früher T-Rex-Fan, hatte ihr Zimmer lila gestrichen, trug Plateauschuhe und wurde von ihren Lehrern nach Hause geschickt, wenn sie mal wieder ihre Finger mit grünem Glitter lackiert hatte.
u_magazine: Warst du als Teenager auch so exzentrisch?
Goldfrapp: Ich habe mich damals dreimal am Tag umgezogen. Das hat meine Mutter verrückt gemacht.
u_magazine: Du wolltest offenbar schon als Mädchen die britische Marlene Dietrich werden.
Goldfrapp: Bitte nicht! Ich kann diese ewigen Vergleiche mit der Dietrich nicht mehr hören. Natürlich war sie eine Wahnsinnsfrau, eine tolle Künstlerin. Wahrscheinlich erinnere ich die Leute an sie, weil ich auch eine starke Frau bin und gern mit Erotik spiele.
u_magazine: Du gibst doch die coole Blondine, die den Männern den Kopf verdreht.
Goldfrapp: Quatsch! Ich verkaufe Sex-Appeal mit Humor. Wenn ich "Oh la la" als Refrain singe, kann ich das nur augenzwinkernd. Bei diesem Stück haben wir mit einer Roboterstimme gearbeitet. Da gibt eine Maschine vor, sexy zu sein. Einerseits ist das tragisch, andererseits komisch.
u_magazine: Und wie ernst meinst du das romantische Liebeslied "Number one"?
Goldfrapp: Ehrlich gesagt: Ich weiß nicht, ob das wirklich ein Lovesong ist. Ich habe ihn nach einer spontanen Reise geschrieben. Weil ich mit jemandem Streit hatte, wollte ich nur eins: weg aus England. Ich fuhr zur Waterloo Station und stieg dort in den Zug nach Brüssel. In Belgien ging ich auf einen Markt. Als mir dort an einem Stand eine Hausnummer eins angeboten wurde, dachte ich: Hey, das ist ein Zeichen!
u_magazine: Wofür? Dass du für einen Mann die Nummer eins bist?
Goldfrapp: Nee, nee. Ich habe damals in Haus Nummer eins gelebt. Darum war diese Zahl für mich ein positives Omen. Ich habe sie gekauft, fuhr nach Hause und fühlte mich großartig. Aufgehängt habe ich die Hausnummer aber nie. Merkwürdig, oder?
u_magazine: Hm. Für eine Exklosterschülerin hast du ganz schön verrückte Ideen.
Goldfrapp: Ich war nicht bis zum Abi in der Klosterschule. Trotzdem denke ich gern an diese Zeit zurück. Wenn ich durch die endlosen Korridore ging, habe ich mich gefühlt wie in einem Film. Ich genoss damals nicht nur diese Atmosphäre, ich bekam auch eine Lektion fürs Leben: Egal, wie dumm jemand zu sein scheint, es gibt etwas, das er kann.
u_magazine: Wusstest du immer, was du selber drauf hast?
Goldfrapp: Bevor ich Musikerin wurde, hatte ich Kunst studiert. An der Uni ist es unwichtig, ob du Geld hast. Du musst deine Ideen verwirklichen - nur das zählt.
u_magazine: Und mit dieser Erkenntnis warst du reif fürs Musikbusiness?
Goldfrapp: Ja. Mir war plötzlich klar: Ich muss nicht zwingend Pop machen. Solange ich ehrlich zu mir selbst bin, ist alles möglich. Ich darf nur nicht vorgeben, etwas zu sein, was ich eigentlich nicht bin.
u_magazine: Hast du das mal getan?
Goldfrapp: Als Will Gregory und ich Goldfrapp gegründet haben, träumten wir davon, zwei Disco-Diven zu werden. Wir haben's ausprobiert, aber das passte einfach nicht zu uns. Deshalb haben wir uns ganz schnell von diesem Traum verabschiedet.
u_magazine: Und welche Träume hast du heute?
Goldfrapp: Ich male mir manchmal mein persönliches Utopia aus. Dann lebe ich mit vielen Freunden an einem See, im Hintergrund sieht man Berge. Wir genießen guten Wein, jeden Tag passiert etwas Tolles. Es gibt keine Kriege, keinen Rassismus, keinen Sexismus. Tja, das wird wohl ein Traum bleiben.

 
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